Anbausysteme mit Arten- und Klimaschutzleistungen
Welche Aufgabenbereiche werden in diesem Teilprojekt bearbeitet?
Die Region Franken-Hohenlohe bietet gute Voraussetzungen für den Anbau von Nischenkulturen wie Kichererbsen, Linsen oder Quinoa, doch es fehlt bisher an Erfahrung im Anbau. Im Projekt werden deshalb verschiedene Anbauversuche mit Praxisbetrieben in der Region Franke-Hohenlohe durchgeführt. Anhand dieser Versuchsergebnisse sowie ergänzender Daten aus Fachliteratur und Expertengesprächen werden die bereits bestehenden Anbauempfehlungen weiterentwickelt.
Diese Anbaumethoden werden dann auf ihre ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit untersucht und mit herkömmlichen Kulturen verglichen. Dies geschieht auf Basis der Nachhaltigkeitsbewertung (gemäß der Lebenszyklusanalyse). Im Verlauf dieser Analysen werden aus der Vielzahl theoretisch möglicher Anbauprotokolle diejenigen Varianten ausgewählt, welche messbare Vorteile gegenüber dem Anbau von Massenkulturen aufweisen.
Entwicklung eines Indikatorensystems für die Bewertung ökologischer Nachhaltigkeit
Hintergrund zur Zielstellung:
Weltweit stellen der Verlust an Biodiversität und der Klimawandel die beiden aktuell größten Bedrohungen für Ökosysteme dar. In Bezug auf den Verlust an Biodiversität spricht die Wissenschaft derzeit vom sechsten großen Massensterben; allerdings wird diesmal menschliches Handeln als der Grund dafür vorangestellt: Überbevölkerung und Übernutzung natürlicher Ressourcen verdrängen viele Arten und zerstören zugleich deren Lebensräume. Auch hier hat der Wandel der Landwirtschaft hin zu einer deutlich intensiveren Wirtschaftsweise seinen Anteil daran.
Im selben Zeitraum ist das Wissen darum, wie einflussreich die Landwirtschaft bei Klimawandel-Potenzial, Förderung der Artenvielfalt und auch Landschafts-Gestaltung ist, dank vielfältiger Forschung erheblich erweitert und verfeinert worden. Dabei gibt es jedoch einen Unterschied: Betrachtet werden hier die Bereiche auf den Anbauflächen selber und die Bereiche, welche der umgebenden Agrar-Landschaft zuzuordnen sind. In der Fachsprache werden diese Bereiche unterschieden durch die Begriffe „on-crop“ und „off-crop“, also sinngemäß „auf der Anbaufläche“ und „außerhalb der Anbaufläche“.
Während es für die on-crop-Bereiche bereits vielfältige wissenschaftliche Instrumente und Modelle gibt, mit deren Hilfe die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen und Methoden erfasst und miteinander verglichen werden können, hat es diesen Fortschritt bei der indikatorsystem-gestützten Bewertung der umliegenden Agrarlandschaft, nämlich der off-crop-Bereiche, noch nicht gegeben. Dennoch gilt es inzwischen als unbestritten, dass eine kleinräumige Agrar-Landschaft mit vielfältigen Strukturelementen und Fruchtfolgen überdurchschnittlich positive Effekte sowohl auf Artenvielfalt als auch auf ein reduziertes Klimawandel-Potenzial bietet.
Im Gegensatz dazu sind es gerade diese kleinstrukturierten Ausprägungen der Landwirtschaft, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen vom Rückgang bedroht sind und bereits in den vergangenen Jahrzehnten verdrängt wurden, während in der landwirtschaftlichen Praxis oft ein Mangel an Information vorherrscht, was die Nützlichkeit und die Leistungen der biodiversitäts-fördernden Maßnahmen sowohl für die Agrar-Landschaft als auch für die betriebliche Praxis angeht.
Um die Auswirkungen der ackerbaulichen Produktion auf Biodiversität und Klimawandel-Potenzial umfassend beschreiben und messen zu können, ist es daher nötig, diese Indikatorsysteme vom on-crop-Bereich und den off-crop-Bereich der Agrarlandschaft weiterzuentwickeln. Dabei wird auf die Struktur und die Logik bereits etablierten Modelle des so genannten „Life Cycle Assessment“, als der Lebenszyklus-Analyse für Produkte, zurückgegriffen.
Bei einer Lebenszyklus-Analyse werden für ein bestimmtes Produkt alle zur Produktion notwendigen Ressourcen, aber auch alle entstehenden Umweltbelastungen und weitere Auswirkungen über ein Indikatorsystem zusammengerechnet. So lassen sich verschiedene Produkte und in erster Linie verschiedene Varianten eines Produktes oder dessen Alternativen miteinander vergleichen. Parallel zur Entwicklung dieser Indikatorsysteme wird deren Logik anhand diverser Feldversuche auf Praxisbetrieben in der Region
Aktuelle Ergebnisse:
- Es wurde ein Indikatorsystem für die Modellierung von Artenvielfalt erstellt. Hierin werden aktuelle Bewirtschaftungsweisen auf den Feldern („on-crop“) bezüglich ihrer Wirkung auf das Potenzial zur Entwicklung der Biodiversität eingeordnet. Ebenso wurden verschiedene Kulturen mit Blick auf ihr Potenzial zur Veränderung des Klimawandels bewertet und eingeordnet.
- Darauf basierend wurde ein weiteres Indikatorsystem für Effekte des Landschafts-Managements auf Artenvielfalt und Klimawandelpotenzial erstellt: Verschiedene Maßnahmen wurden dabei auf ihre Wirkung bezüglich einer Steigerung des Potenzials für die Entwicklung der Artenvielfalt untersucht und werden nun auf einer Skala bezüglich ihrer Wirksamkeit sortiert.
- Diese beiden Indikatorsystem wurden in einem darauffolgenden Schritt in den so genannten Demonstrator integriert. Dabei handelt es sich um eine online verfügbare Anwendung, mit deren Hilfe sich Interessierte Betriebe darüber informieren können, welche potenziellen Auswirkungen ihre Fruchtfolge-Gestaltung auf Klima und Biodiversität haben kann; in einem zweiten Schritt lässt sich nun darstellen, mit welcher Kombination an ausgewählten Maßnahmen sich das Potenzial zur Verbesserung der Biodiversität und zur Eindämmung des Klimawandels verbessern lässt.
Entwicklung einer Wissensdatenbank für ackerbauliche Nischenkulturen und Nachhaltigkeitsbewertung
Hintergrund zur Zielstellung:
Aufgrund ihrer naturräumlichen und agrarkulturellen Besonderheiten birgt die Zukunftsregion Franken-Hohenlohe ein großes Potenzial für den Anbau der regiopakt-Kulturen: Dabei handelt es sich um Kulturen wie z.B. Kichererbsen, Linsen, Quinoa, also um protein- und nährstoffreiche Kulturen, die als Ergänzung nachhaltigerer produzierter und gleichzeitig gesünderer Lebensmittel eine zukünftige größere Bedeutung in Süddeutschland spielen könnten. Die Erfahrungen mit diesen Kulturen ist sowohl bei Landwirt*innen als auch bei Beratungskräften zumeist jedoch gering.
Um den Anbau der regiopakt-Kulturen zu fördern, werden im Rahmen des Projekts durch Literaturstudien und Expertengespräche für diese Kulturen mögliche Anbauprotokolle abgeleitet und in Praxisversuchen bei teilnehmenden Praxisbetrieben validiert werden. Diese „Best Practice“-Protokolle werden im Hinblick auf ihre ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit analysiert und miteinander verglichen; dies geschieht auf Basis der Nachhaltigkeits-Bewertung (gemäß der Lebenszyklusanalyse). Im Verlauf dieser Analysen werden aus der Vielzahl theoretisch möglicher Anbauprotokolle diejenigen Varianten ausgewählt, welche messbare Vorteile gegenüber dem Anbau von Massenkulturen aufweisen. Dabei wird sowohl die in der ökonomische als auch die ökologische Dimension getrennt voneinander bewertet und in der Ergebnisdarstellung getrennt ausgewiesen.
Um die möglichen Potenziale einer Kultur umfassend bewerten zu können, ist es nicht nur notwendig ihren Anbau, sondern auch ihre Vermarktung zu betrachten: Um also die Nachhaltigkeitsbewertung in den nachgelagerten Wertschöpfungsketten ganzheitlich bewerten zu können, werden diese Kulturen auch in der ökonomischen Bewertung betrachtet und der aktuellen Produktion in der Region gegenübergestellt. Anschließend werden diese Daten über zu entwickelnde Anbindung der Nachhaltigkeits-Bewertungssoftware an Betriebsmanagement-Systeme (FMIS) der Produktionsbetriebe weitergegeben und der ökonomischen Bewertung der Produktion gegenübergestellt.
Akutelle Ergebnisse:
- Um den aktuellen Stand des Nischenkultur-Anbaus in Deutschland zu dokumentieren, wurde die hierzu aktuell verfügbare Literatur ausgewertet. Bezüglich Anbau und Kulturführung liegen einzelne Empfehlungen vor, jedoch kaum zusammenfassende Werke. Daher werden zu den Regiopakt-Kulturen einzelne Anbauratgeber erstellt, die landwirtschaftlichen Betrieben einen leichteren Überblick darüber geben, wie einzelne Nischenkulturen angebaut werden können und welche Besonderheiten dabei beachtet werden sollten.
- Dazu gehören so genannte „Best Practice“-Protokolle, die den Anbau ausgewählter Nischenkulturen zusammenhängend beschreiben und erläutern, in welchen Zeiträumen bestimmte Arbeitsschritte notwendig sind. Diese Anbauprotokolle werden in den drei Projektkulturen (Kichererbsen, Linsen, Quinoa) von Anbauversuchen begleitet, deren Beobachtungen und Ergebnisse in so genannten Anbauratgebern zusammengefasst und den Betrieben zur Verfügung gestellt werden.
- Die Anbauversuche finden seit 2024 jährlich auf zehn Partnerbetrieben des Projektes statt. Dabei handelt es sich um Sortenversuche, Versuche zur geeigneten Bodenbearbeitung, zur Unkrautbekämpfung und zur Pflanzenernährung. In 2025 sind zusätzlich noch Versuche zur Bodenimpfung und Pflanzenkrankheiten hinzugekommen. Dabei werden die Ergebnisse und Beobachtungen nicht nur mit regiopakt geteilt, sondern auch bei gemeinsamen Veranstaltungen mit allen Partnerbetrieben gemeinsam besprochen und ausgewertet.
- Einen Teil der Auswertungen stellen Lebenszyklus-Analysen der einzelnen Anbauverfahren dar. Dabei werden die Details, durch die sich die jeweils möglichen Anbauverfahren von Kichererbsen auszeichnen, einmal in Hinblick auf die gesamten Emissionen, die durch eine Anbauperiode hin entstehen, untersucht; es wird Treibhausgas-Bilanzen erstellt, die auch die zum Anbau notwendigen Produktionsmittel erfassen. Beispiel: „Ab welcher Ertragssteigerung ist eine optionale Phosphor-Kali-Düngung im Kichererbsen-Anbau sinnvoll?“ Betrachtet man die zusätzlichen Emissionen, die durch die Düngerproduktion, -transport und -ausbringung entstehen, so ergibt sich, dass eine Ertragssteigerung von +30% notwendig wäre, um die zusätzlich entstandenen Gesamt-Emissionen pro Tonne Kichererbsen auszugleichen.
- Zusätzlich werden die Ergebnisse der jeweiligen Anbauversuche an Hand des komplexeren Modells der Ökoeffizienz-Analyse untereinander verglichen. Bei diesem Rechenmodell werden die landwirtschaftlichen Produktionsauswirkungen mit Blick auf alle drei Säulen des Nachhaltigkeitsgedankens hin bewertet: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Die Ergebnisse dieses noch laufenden Prozessen werden nach der Anbausaison 2025 gemeinsam mit einem Ratgeber zu möglichen Anbauverfahren sämtlichen Mitgliedern der Wertschöpfungskette zur Verfügung gestellt.